Marcus Frings

Zu Michelangelos Architekturtheorie

Eine neue Deutung des sog. "Prälaten-Briefes"

 

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(in: Zeitschrift für Kunstgeschichte, 61 (1998) Heft 2, S. 227-43; ISSN 0044-2992)

 

Die große Zahl der Forschungsmeinungen zur Architekturtheorie Michelangelos steht in umgekehrtem Verhältnis zu seinen spärlichen Äußerungen zur Baukunst. Umso wertvoller sind die wenigen überlieferten Aussagen zu Gestaltungsprinzipien. Als wichtigstes Zeugnis seiner architekturtheoretischen Auffassung gilt der sog. "Prälaten-Brief" (Abb. 1). [1] Die eigenhändige Abschrift eines Briefes an einen anonymen Monsignore bildet das letzte Blatt eines Bandes mit Sonetten von der Hand Michelangelos, auch auf der Rückseite sind zwei Sonette zu lesen. Adressat und Datum des Briefes sind umstritten: die meisten Autoren schließen sich der Meinung Milanesis an, der als Empfänger den an der Bauüberwachung von St. Peter beteiligten Kardinal Rodolfo Pio da Carpi vermutet. Milanesi datiert den Brief in das Jahr 1560 oder früher, so daß sich Michelangelo hier auf eine Kritik an seinem Peterskirchenprojekt bezieht, das er seit 1549 als Architekt betreute. [2] Das Schriftbild weist jedoch eher in die Jahre kurz nach 1550. [3]

In diesem Schreiben zieht Michelangelo Parallelen zwischen dem Gebäude und dem menschlichen Körper: [4] „Mo[n]s[igniore] R[euerendissi]mo qua[n]do una pia[n]ta a diuerse parte tucte quelle che sono a u[n] modo di qualita e qua[n]tita anno a essere adorne in u[n] medesimo modo e d[']una medesima maniera e similme[n]ti i lor risco[n]tri. ma qua[n]do la pia[n]ta muta del tucto forma e no[n] solame[n]te lecito ma necessario mutare del tucta [5] a[n]cora gli ador[na]me[n]ti e similme[n]te i lor risco[n]tri. e e[’] mezzi sempre son liberi come uogliono si come il naso che e nel mezzo del uiso non e obrigato ne all[']uno ne alaltro occhio ma l[']una mana e bene obrigata a essere come l[']altra e l[']uno ochio come l[']altro p[er] rispecto degli illati e de ['] risco[n]tri e p[erché] e cosa certa che le me[m]bra dell[']architectura dipe[n]dono dalle me[m]bra dell[']uomo[.] chi non e stato o non e buo[n] maestro di figure e masimo di notomia no[n] se ne puo i[n]tendere“.

Michelangelo: Brief an einen unbekannten Prälaten

Die bisherigen Editionen des Briefes führten im vorletzten, für die Architekturtheorie entscheidenden Satz des Briefes ("ma l[']una mana ...") eine Ergänzung, die einer strengen Prüfung nicht standhält. Statt die zweite Abkürzung „p“ mit „però“ aufzulösen, wie seit Milanesi geläufig, [6] sollte hier „perché“ eingesetzt werden. Nur so ergibt sich eine logische Verbindung zwischen beiden Sätzen. Nach der ersten nachgestellten Begründung wird zur Bekräftigung eine zweite, allgemeinere hinterhergeschickt. Dann liest sich der Brief wie folgt:

"Hochwürdigster Monsignor. Wenn ein Grundriß verschiedene Teile hat, so müssen alle die, welche nach Qualität und Quantität von einer Art sind, auch nach ein- und derselben Art und Manier ausgeschmückt werden und ebenso ihre Pendants. Aber verändert der Grundriß die Gestalt des Ganzen, dann ist es nicht nur erlaubt, sondern notwendig, auch die Ausschmückungen des Ganzen, ebenso ihre Gegenstücke, zu verändern. Und die Mittelteile sind immer nach Belieben frei; wie die Nase, die in der Mitte des Gesichtes sich befindet, weder an das eine noch an das andere Auge gebunden ist; wohl aber hat die eine Hand wie die andere zu sein, und das eine Auge wie das andere wegen der Rücksicht auf die Seiten und Gegenstücke, und weil es gewiß ist, daß die Glieder der Architektur von denen des Menschen abhängen. Wer kein guter Körperbildner gewesen ist oder ist, namentlich in Bezug auf Anatomie, kann es nicht verstehen.“ [7]

Nunmehr ist der Kausalzusammenhang umgekehrt und die Argumentation stringent: das postulierte Gestaltungsgesetz – die Unabhängigkeit der Mitte von der Symmetrie der Nebenteile – wird als Hauptaussage des Briefes mit dem Beispiel des Menschen veranschaulicht, dieses Analogon dann seinerseits mit dem allgemeinen Lehrsatz von der anthropomorphen Architektur untermauert. Michelangelo stellt dieses Theorem also deutlich in einen argumentativen Kontext.

Damit greift er eine alte Tradition auf. In der Antike wurzelnd, erlebt sie ihre Blüte in der italienischen Renaissance, lebt aber weiter bis in die Moderne. Die Auffassung des Gebäudes als menschlicher Körper ist zu verstehen aus dem urmenschlichen Vorgehen, Gestalt, Fühlen, Denken und Verhalten auf anderes – Abstraktes wie Konkretes – zu übertragen; auch in der bildenden Kunst findet diese Handlungsweise Ausdruck. Die Architekturtheorie verleiht der Menschen-Metapher nun eine neue Qualität, indem sie daraus ein didaktisch eingesetztes Theorem formt. Dieser Schritt wird zuerst faßbar in dem einzigen erhaltenen selbständigen Architekturtraktat der Antike, Vitruvs De architectura libri decem (entstanden vor 33 - vor 22 v. Chr.). Hier wird der Mensch häufig als Beispiel und Vorbild herangezogen, so auch für gewisse Gestaltungsprinzipien: "Denn kein Tempel kann eine vernunftgemäße Komposition ohne Symmetrie und Proportion haben, das heißt, wenn er nicht eine genaue Berechnung der Glieder hat wie die eines wohlgestalten Menschen." [8]

Leonardo da Vinci: Homo vitruvianus

Dieser Schlüsselsatz und der bei Vitruv folgende ausführliche Proportionskanon des menschlichen Körpers gehört zu den bekanntesten und am meisten studierten Passagen des Werkes (Abb. 2). [9] Sie gaben Antworten auf die Fragen, woher das Schöne in der Architektur komme, welche Proportionen das Schöne bewirkten. Dabei verstanden Autoren wie Antonio Aver­lino, gen. Filarete, und der Sienese Francesco di Giorgio Martini den lateinischen Text in einem anthropometrisch zu nennenden Sinne: es sollte der Leib die konkreten Vorgaben für die architektonischen Proportionen liefern, nicht etwa nur ein Vorbild für vollkommene Proportioniertheit abgeben (Abb. 3). [10] Was Vitruv an den Säulenordnungen vorführte, übertrug Francesco auf Kirchengrundrisse. Ferner ließen sich aus dem menschlichen Körper die Maßeinheiten ableiten, durch den „homo vitruvianus“ sogar Kreis und Quadrat. Nicht nur für diese anthropometrischen Ansätze berief man sich auf Vitruv, dessen Menschenbeispiel bald Allgemeingut wurde, universell einsetzbar für den entstehenden Kanon klassischer Gestal­tungsgesetze in der Baukunst.

Francesco di Giorgio Martini: Anthropmorpher Kirchengrundriss

Im "Prälaten-Brief" ist es die spiegelbildliche Symmetrie, für die Michelangelo das Menschenbeispiel adaptiert. Hatte Alberti dazu noch die Lebewesen allgemein angeführt, zieht Michelangelo den Menschen speziell vor, um zu zeigen, daß die Mitte in einem symmetrischen System unabhängig ist. [11] Diese Freiheit der Mitte stellt er den Nebenteilen gegenüber, die aufeinander bezogen und zur Wahrung der Einheit des Ganzen nur zusammen zu ändern sind. Die vitruvianischen Anthropomorphismen konnte Michelangelo spätestens in den zwanziger Jahren des Cinquecento in Florenz kennengelernt haben, als er in einem interessierten Kreis mit Giovan Francesco da Sangallo und anderen Vitruv studierte und diskutierte. [12] Die entsprechenden Sätze der De architectura wird der gebildete Leser des "Prälaten-Briefes" im Geiste sogleich repetiert haben; eine moderne Quellenedition führt ihn denn auch wie selbstverständlich unter „Vitruviana“. [13]

Dagegen hat man eine über den traditionellen, vitruvianischen Anthropomorphismus hinausgehende organologische Architekturauffassung in dem Brief erkannt. So betrachte Michelangelo das Gebäude als lebendigen, dynamischen Körper. [14] Anstelle der rein intellektuell mit Proportionsgleichungen operierenden Disziplinen Geometrie und Mathematik werde die Anatomie zur Grundlage der architektonischen Schöpfung. Die Teile des Gebäudes würden nicht mit den idealen Proportionen des menschlichen Körpers verglichen, sondern mit seinen Funktionen: Michelangelo spreche von einer Korrespondenz, die sich auf "den menschlichen Körper in seiner substantiellen Vitalität gründet", weshalb auch der der Anatomie Unkundige dies nicht verstehe. [15] Hierzu wurde auf das Wort Berninis hingewiesen, gerade Maler und Bildhauer eigneten sich gut als Architekten, da sie sich mit dem menschlichen Körper beschäftigten. [16] Diese weitgehende Deutung des "Prälaten-Brie­fes" gilt heute als Konsens der Forschung. [17]

Michelangelo: Kapelle Leos X. in der Engelsburg (Foto: Wolfgang Liebenwein)

Es gab auch Versuche, diese organologische Architekturauffassung in den Bauten Michelangelos explizit verwirklicht zu sehen. Hier wurde auf die Fassade der Cappella Leonina in der Engelsburg hingewiesen, die einem Gesicht ähnlich sei (Abb. 4),[18] sowie – mit anderer Intention – auf die Eckfenster des Palazzo Medici-Riccardi in Florenz: die langgestreckten, volutenartigen Konsolen der Fensterbänke seien, wie die zeitge­nössische Bezeichnung "finestre inginocchiate" anzeige, als menschliche Unterschenkel und Knie zu verstehen, eine wörtliche Umsetzung des architektonischen Anthropomorphismus. Daher könne man die Fenster als Symbole des thronenden Stadtherrn, dessen Knie in Kopfhöhe dem Passanten gegenüberstehen, als "Indikatoren des kommenden Prinzipates" deuten. [19]

Michelangelo: Zeichnung von Säulenbasen-Profilen zur Capella Medici, Florenz

Ergänzend ist auf die Bauzier hinzuweisen, in der sich Michelangelos Gespür für die Ausdruckskraft plastischer Formen der Architektur zeigt. So verwandelt sich eines der Profile in einer Zeichnung mit Säulenbasen der Medici-Kapelle in ein Kopfprofil mit Turban, Auge, Nase und aufgerissenem Mund (Abb. 5). [20] Der Mund entspricht dabei der Hohlkehle, die Vitruv noch ohne jede organische Konnotation benannte. [21] Alberti fand mit dem lateinischen Diminutiv "gulula" eine prägnantere Bezeichnung. [22] Das Einfühlen in plastische Formen führt zu anthropomorphistischen Termini und – wie in Michelangelos Zeichnung – Phantasien.

Den oben angeführten vertieften Anthropomorphismus scheint man im gesamten künstlerischen Werk Michelangelos abgelesen und dann auf den "Prälaten-Brief" übertragen zu haben. Eine Lektüre aus dem Kontext kann dagegen zeigen, daß seine konventionellen Sätze ganz bewußt nicht mehr bedeuten als sie besagen.

Als konkreter Anlaß des Schreibens kommen zwei Bauprojekte in Frage, S. Giovanni dei Fiorentini und der Petersdom. Nach rein kunstimmanentem Vergleich zwischen Entwürfen und Brief mag die Nationalkirche der Florentiner in Rom das Objekt sein, die Realitäten der Baustelle sprechen jedoch dagegen. [23]

Antonio Labacco: Holzmodell des St. Peter-Projektes von Antonio da Sangallo

Um einiges wahrscheinlicher ist, daß es im Brief um die Peterskirche geht, und zwar um die Kuppeldekoration. Wie kaum ein anderes Bauprojekt stand ja S. Pietro im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses, zu keinem gab es so viel auch öffentliche Kritik. Über die lange Bauzeit seit 1506 hinweg hatte neben Bramante vor allem Antonio da Sangallo starken Einfluß auf die Gestalt nehmen können. Seit 1520 war er "capomaestro" der Bauhütte und versuchte mit einem großen, erst 1546 vollendeten Holzmodell, seine eigenen Vorstellungen unverrückbar festzulegen: er vereinfachte zwar Bramantes Grundriß und sorgte sich um die Stabilität der Konstruktion, im Aufriß jedoch neigte er zu einer additiven, schematischen Kleinteiligkeit (Abb. 6, 7). [24]

Antonio Salamanca: Kupferstich nach Sangallos St. Peter-Modell

Nach dem Tod Antonios im September 1546 ließ sich Michelangelo dazu überreden, die Bauleitung zu übernehmen. Noch vor Jahresende präsentierte er einen ersten Tonbozzetto, dem bis Herbst 1547 ein Holzmodell folgte; beide sind verloren. [25] Erhalten sind lediglich die späteren Modelle für das Gewölbe der Südarm-Apsis (1556/57) und für die Kuppel (ab 1561). [26] Die Gesamtanlage verwandelt Michelangelo in einen reinen Zentralbau, verkleinert und strafft ihn dabei. Auch im Aufriß findet sich keine Spur mehr von dem, was er an Sangallos Modell kritisierte: die kleinteilige Vielgliedrigkeit durch "zu viele Säulenreihen übereinander ... mit vielen Vorsprüngen und kleinlichem Zierat". [27] Dunkelheit, Unübersichtlichkeit, Rücksichtslosigkeit gegenüber den bestehenden Bauten und nicht zuletzt die viel zu hohen Kosten sind weitere Kritikpunkte Michelangelos. [28] Nach Vasari geißelt er die Bauhütte unter Sangallo sogar als endlos zu verlängerndes Unternehmen zur persönlichen Bereicherung. [29]

Neben dem Neid auf den Erfolg des Konkurrenten ist hierin ein Grund für die Feindschaft zu erkennen, die Michelangelo von seiten der eingesessenen und auf Sangallo und sein Modell eingeschworenen Bauhütte entgegenschlug. Daß er gegen Widerstände und Intrigen zu kämpfen hatte, ist nicht nur durch Vasari mehrfach bezeugt, sondern auch durch einen Brief belegt, der Michelangelo von einer Verleumdung seitens seiner Gegner berichtet. [30]

Nachdem Michelangelo zunächst nur mündlich mit der Bauleitung beauftragt worden war, ernannte Papst Paul III. ihn daher im Oktober 1549 zum Architekten der Peterskirche auf Lebenszeit und sein Modell zum allein gültigen, und im Januar 1552 erneuerte Julius III. dieses Motuproprio. [31] In dieser dauernden Kontroverse zwischen der "setta sangallesca", wie Vasari die Anhängerschaft Antonios des öfteren nennt, und Mi­chelangelo mag der sog. "Prälaten-Brief" seinen historischen Ort finden.

Milanesi hatte als Adressat Kardinal Rodolfo Pio da Carpi vermutet, einen der "Deputati" der Bauaufsicht. [32] Carpi stand jedoch eher auf der Seite Michelangelos, zu dessen Freunden ihn Vasari zähltCarpi stand jedoch eher auf der Seite Michelangelos, zu dessen Freunden ihn Vasari zählt. [33] Der einzige belegte Konflikt zwischen dem großen Künstler und seinem Aufsichtsbeamten wurde durch eine der vielen Kampagnen der Sangallo-Partei zu Beginn des Pontifikates Pius' IV. hervorgerufen. Daraufhin bat Michelangelo den Kardinal, seinen "verehrtesten Gönner", um Entlassung, die zu gewähren weder der Kardinal noch der Papst im entferntesten dachten. [34] Später war es wieder jener Kardinal Carpi, dem es der Meister zu verdanken hatte, daß er gegen den Wunsch Herzog Cosimos in Rom bleiben und sein St. Peter-Projekt fortsetzen konnte, wofür er sehr dankbar war. [35]

Viel eher könnte sich – wie Ramsden gezeigt hat – der Brief an einen anderen Kardinal richten, an Marcello Cervini, den späteren Papst Marcellus II. In Siena geschult, war er seit 1548 Bibliothekar der Vaticana und als Altertumsforscher engagiert: in den frühen Dreißiger Jahren des Cinquecento hatte er an den vitruvianisch-akademischen Studien in der Casa Tolomei teilgenommen, [36] und 1540 bildete sich um ihn aus einem Kreis von Antikenkundigen die vitruvianische "Accademia de la Vertù", auch Accademia Vitruviana genannt.[37] Wie Cervinis Biographie berichtet, hätten sich weder Sangallo noch Michel­angelo gescheut, seinen Rat einzuholen, [38] und Guillaume Philandrier (1505-85) dankt ihm in seinem Vitruv-Kommentar für Hilfe in der Klärung einer schwierigen Passage. [39]

Als Vitruv-Kenner war Cervini ein Bewunderer Antonio da Sangallos, den er mit dem Bau seiner Villa am Monte Amiata beauftragt hatte. [40] Von Julius III. zum "protettore, governatore, amministratore e presidente generale" der Bauhütte ernannt, [41] machte er sich zum Wortführer der Anklagen gegen Michelangelo.

Es kam schon bald zu einer neuen Intrige, die im Frühjahr 1551 eine offizielle Verhandlung während eines Konsistoriums zur Folge hatte: Kardinal Cervini beschuldigte in aller Öffentlichkeit Michelangelo, den von Sangallo verschönerten Bau Bramantes zerstört zu haben, was mehr Geld gekostet habe als die eigentlichen Bauarbeiten. Ferner habe er die Ehre des Apostelfürsten geschmälert, indem er seine Basilika verkleinert habe. [42] Nach einem scharfen Disput gab Papst Julius dem Meister recht und bestätigte – wie bereits erwähnt – das Motuproprio Pauls III. von 1549, benannte ferner einige Bischöfe, die Michelangelo protegieren und unterstützen sollten.

In diesen persönlichen Animositäten fänden der kühle Ton und der herablassende Schlußsatz des "Prälaten-Briefes" eine ausreichende Begründung. Sollte Cervini nun der Adressat des Briefes sein, läge darin auch der Grund dafür, daß Michelangelo zunächst Rom zu verlassen gedachte, als der Kardinal selber Papst wurde (9.4.-1.5.1555). [43] Vielleicht ist mit Cervini auch jener Mann in der Fabbrica gemeint, dem Michelangelo einmal "grande ingegno" zubilligte, aber "cattivo giudizio" bescheinigte. [44] Als Datum kommt jedenfalls nicht allein die Zeit des Konsistoriums bzw. des römischen Aufent­haltes Cervinis zwischen November 1550 und Mai 1551 in Frage, [45] vielmehr die ganzen Jahre dieser Feindschaft zwischen Michelangelo und seinem Aufsichtsbeamten bis zum Pontifikat im April 1555. [46]

Im Konsistorium wurde Michelangelo zudem laut Bonanni vorgeworfen, er baue eine Kirche in Form von Sonnenstrahlen. [47] Demnach wäre die Wende zum Zentralbau immer noch Gegenstand von Angriffen seitens der Sangallo-Partei. So wurde vermutet, Michelangelo verteidige in seinem an Cervini gerichteten Brief eine Kuppeldekoration, die der Zentralbauform korrespondiert, wofür allein Statuen am Tambour in Frage kämen. [48] Statuen am Tambour oder Kranzgesims sind allerdings keineswegs unklassisch, und ob das verlorene Gesamtmodell dort Figuren vorsah, ist fraglich, trägt doch auch das spätere Kup­pelmodell dort keine Statuen. Zudem ist nicht nachzuvollziehen, wie der Schritt von Sangallos für diese Stelle vorgesehenen Schmuckelementen zu Figuren mit einer Grundrißänderung zu verbinden wäre.

Ganz generell ist zu bezweifeln, daß es im Konsistorium um die Frage Zentral- oder Longitudinalbau ging, denn der Quellenwert des etwa 150 Jahre nach diesen Ereignissen schreibenden Bonanni sollte nicht zu hoch angesetzt werden. Von den vier Nachrichten über das Konsistorium erwähnt er als einziger ein nicht baupraktisches, sondern grundsätzliches Monitum. Die Konkurrenz zwischen den Grundrißformen schlägt sich in den Quellen zu St. Peter aber erst 1582 mit der Gegenreformation nieder, als eine Ikonologie der Bauformen faßbar wird. [49] Daher liegt die Vermutung nahe, daß Bonanni eine Vorstellung seiner Zeit in die Verhandlung von 1551 projiziert.

Dennoch läßt sich der historische Kontext des "Prälaten-Briefes" näher bestimmen. Gegenstand der Kontroverse ist der bauplastische Dekor von architektonischen Mittelteilen, die nach Grundrißänderung vom Longitudinal- zum Zentralbau Michelangelos unabhängig von dem der Nebenteile seien. Eine auffällige Änderung der Bauzier ist nur am Tambour zu beobachten, der Mitte, von der im Brief die Rede ist. Wie an den Außenwänden gibt Michelangelo auch hier dem Bau einen kompakteren Aufriß: anstelle der unteren jonischen und der oberen korinthischen Ordnung außen in Sangallos Modell sieht Michel­angelo lediglich eine Säulenreihe vor.

Michelangelo: Zeichnung zur St. Peter-KuppelSie trägt das von den Kolossalpilastern Michelangelos bekannte korinthische Kapitell, das er in der Nachfolge Bramantes denen des Pantheons nachempfunden hat. Damit ist Sangallos klassische Abfolge der Säulenordnungen (außen dorisch, jonisch, korinthisch, innen korinthisch) gesprengt, indem Michelangelo am Gesamtbau ausschließlich seine korinthische Ordnung einsetzt. Das Kolosseums-Motiv der gestaffelten Ordnungen hatte damit an St. Peter endgültig keinen Platz mehr.

Die Tamboursäulen faßt Michelangelo ferner paarweise zusammen – Sangallo hatte gekuppelte Säulen nur zur Eckbetonung am Baukörper vorgesehen. Damit werden die gekuppelten Kolossalpilaster der Kirchenwände Michelangelos im Tambour außen und innen fortgeführt (Abb. 8, 9).

Etienne Duperac: Kupferstich nach Michelangelos St. Peter-Modell

Hier ergibt sich auch eine engere Verbindung zum Brief: der eingangs angesprochene Planwechsel zum Zentralbau zieht nicht nur eine Reduzierung und Vereinheitlichung der Säulenordnungen nach sich, sondern vor allem eine Betonung der Vertikalen durch die paarweise Anordnung der Stützen, was die dominierende Stellung des Zentrums verstärkt. Diese Bündelung der Stützen setzt am Tambour die Wirkung der Kolossalpilaster Michelangelos fort: an die Stelle der additiv anmutenden Arkadenreihe tritt ein geschlossener, dynamisch akzentuierter Kuppelsockel, der zugleich stabil und elegant wirkt. Dem vitruvianisch geschulten Betrachter der Zeit kann er dagegen durchaus unruhig, ungeordnet und unklassisch erscheinen, da die regelmäßige Reihe der Stützen aufgelöst ist. Ferner fehlt die übliche Abfolge der Ordnungen bei übereinander gestellten Säulen, da Michelangelo allein sein korinthisches Kapitell einsetzt.

Noch viel anschaulicher als das Modell bot der voranschreitende Bau reichlich Gelegenheit, Unterschiede zum großen Projekt Sangallos zu bemängeln. Wenn sich der Brief nun gegen Kritik an diesen Doppelstützen wendet, dann läßt sich auch der Zeitpunkt näher eingrenzen: am 24. Februar 1552 wurde die Vollendung des unteren Tambour-Gesimses gefeiert, [50] danach der Tambour weiter aufgemauert. Als Cervini im April 1554 den Papstthron bestieg, dürften zumindest die inneren Pilaster so weit vollendet gewesen sein, daß man die Kapitelle in Auftrag geben konnte, was am 29./30 April 1555 geschah. [51] Die Zahlungen für diese Werkstücke ziehen sich vom 6. September 1556 bis zum 18. Februar 1564 hin, mit einer Unterbrechung vom Frühjahr 1556 bis Herbst 1561. [52] Die viel teureren, da vollplastischen Kapitelle der äußeren Säulen am Kuppelsockel folgen erst in den nächsten vier Jahren bis 1565. [53] Im März 1556 sind die Säulen jedoch bereits bis etwa zur Hälfte aufgeführt. [54] Im folgenden Jahr war der Tambour – innen mit Pilastern, außen mit Säulen – großenteils vollendet, wie Vasari berichtet. [55]

Als die gekuppelten Tambourstützen ausgeführt wurden und damit eine weitere deutliche Abweichung von Sangallos Projekt jedermann vor Augen stand, also Mitte 1552 bis Herbst 1561, mag der unbekannte Prälat daran Anstoß genommen und seine Kritik geäußert haben. Der anhaltende Widerstand ist durch zahlreiche Briefe belegt: so antwortet Michelangelo am 19. September 1554 auf Vasaris Versuch, ihn in die Heimatstadt zurückzuholen: "Ginge ich jetzt von hier weg, so würde ich die Ursache eines großen Schadens an dem Bau von St. Peter, einer großen Schmach und einer sehr schweren Sünde sein. Ist aber erst der ganze Aufbau fest bestimmt, daß er nicht mehr geändert werden kann, so hoffe ich auszuführen, was Ihr mir schreibt". [56] Angesichts verstärkter Intrigen der Sangallo-Partei nach der Papstwahl Cervinis unternimmt Großherzog Cosimo im Frühsommer 1555 einen erneuten Versuch, Michelangelo nach Florenz zurückzurufen, [57] kurz darauf ein weiteres Mal. [58]

Wendet sich der "Prälaten-Brief" gegen einen Kritiker, wohl Marcello Cervini, der die gekuppelte Säulenstellung am Tambour getadelt hatte, so läßt er sich in die erste Phase der Tambourarbeiten datieren, die Zeit von Mitte 1552 bis April 1555, als Cervini den Papstthron bestieg. Sollte er später entstanden sein, könnte er sich nur an Kardinal Carpi richten, was wir ausschließen, selbst wenn dieser nicht Urheber der Kritik wäre. Ferner paßt das Schriftbild nicht in diese späte Tambourkampagne ab 1561.

Nach dem hitzigen Konsistorium von 1551 boten Michelangelos gekuppelte Stützen – außen Säulen, innen Pilaster – mit korinthischen Kapitellen den nächsten Ansatzpunkt zur Kritik. Ab Mitte 1552 ausgeführt traten sie an die Stelle der additiven, „vitruvianisch“ empfundenen Supraposition von Säulen verschiedener Ordnungen.

In dieser Situation kann auch der Anthropomorphismus-Concetto des "Prälaten-Briefes" seine Erklärung finden. Der Text läßt sich als Zeugnis der rhetorischen Begabung Michelangelos in der Auseinandersetzung um seine Entwürfe verstehen. Um die Unabhängigkeit der Tambourdekoration zu begründen, benutzt er vitruvianisch inspirierte Theoreme, wie er sie beim Empfänger als bekannt und geschätzt voraussetzen kann; er möchte den Gegner also mit dessen eigenen Waffen schlagen. Nachdem er im öffentlichen Konsistorium 1551 den Kritiker Cervini offen brüskiert hatte, geht er nun auf ihn ein und gibt konventio­nelle Lehrsätze der Architekturtheorie als seine eigene Über­zeugung aus, um damit seine Freiheit zu behaupten. Bisher Zusammenhangloses – Dekoränderung und architektonischer Anthro­pomorphismus – verknüpft er dabei zur Begründung seiner eigenen Auffassung.

Das scheinbare Eingehen auf den Gegner und die sokratisch anmutende Umkehrung bekannter Argumente zum eigenen Vorteil ist eine charakteristische Vorgehensweise Michelangelos. Auf diese Weise argumentiert er auch in einer Diskussion über die Groteske als Paradigma künstlerischer Freiheit. In den Dialogos em Roma des Francisco de Holanda, die kunsttheoretische Gespräche vom Oktober/November 1538 unter Beteiligung Michelangelos verarbeiten, wird dieser nach seiner Meinung zu grotesken Phantasien gefragt. [59] Er rechtfertigt sie, indem er einen bekannten Horaz-Vers zitiert, die Zeilen vom Beginn der Ars poetica: "Doch war ja Malern wie Dichtern immer schon das Kühnste verstattet." [60]

Der römische Dichter macht sich aber diese Aussage nicht zu eigen, sondern wendet sich gegen eine zu weit gehende "Freiheit, Zahmes mit Wildem zu gesellen, Schlangen mit Vögeln zu paaren und Lämmer mit Tigern“. Durchweg in diesem Sinne wurde dieses Horaz-Zitat verwendet, so z. B. von Guillaume Philandrier. [61] Michelangelo dreht nun die Stoßrichtung des immer wie bei Horaz gegen die Grotesken angeführten Verses im Gespräch mit Holanda um und setzt ihn für sie ein. [62]

Spricht Horaz auch von Malern und Dichtern, nennt Michelangelo als Beispiele für wahre und erlaubte Grotesken architektonische Dekorationen und paraphrasiert geradezu einen Abschnitt aus Vitruvs De architectura libri decem, der "Ungeheuerlichkeiten ... eines entarteten Geschmacks" ablehnt, just zu deren Rechtfertigung. [63] Auch hier dasselbe Vorgehen: bekannte Worte anerkannter Autoritäten zitierend heischt Michelangelo die Zustimmung des Zuhörers; dann aber dreht er überraschend den üblichen Gebrauch dieser Sätze um und macht sie sich für seine eigene Überzeugung zunutze.

Im „Paragone-Brief“ zur Rangfolge der Künste läßt sich zeigen, wie Michelangelos zunächst scheinbar auf den Gegner eingeht. Am Ende stellt er dann doch das persönliche Vermögen und den Arbeitsaufwand des Künstlers über die philosophischen Argumente des Adressaten Benedetto Varchi, der Malerei und Skulptur auf einer Stufe gesehen hatte. [64] Michelangelos Schreiben an ein Mitglied der Bauaufsicht von St. Peter betont in der Kritik des Entwurfes Sangallos den Nachteil zu hoher Kosten, umständlicher Aufsicht und zu langer Bauzeit (s. o. S. 234) – hier zeigt sich Michelangelos Einfühlung in die Gedankenwelt des Verhandlungspartners, die ihn genau die Argumente vorbringen läßt, die der Interessenlage des Gegenübers entgegenkommen und von denen daher die größte Wirkung zu erwarten ist.

Genau diese Taktik verfolgt er auch im sogenannten "Prälaten-Brief". Darin verteidigt er sich gegen den Vorwurf, gewisse "Mittelteile" verändert zu haben, ohne auf den Zusammenhang mit den nachgeordneten Teilen zu achten, indem er auf die vitruvianische Schulung des Kritikers zielt: den konventionellen Lehrsatz von der anthropomorphen Architektur setzt er ein, um das Phänomen der Symmetrie zu beschreiben. Sein architekturtheoretisch versiertes Gegenüber, Kardinal Marcello Cervini, kennt das Beispiel des menschlichen Körpers aus den Architekurtraktaten gewiß als Instrument, die Bindung des Entwurfes an Regeln, Vorbilder und die Interdependenz der Glieder konkret zu zeigen; Michelangelo macht sich dies zunutze, wenn er den bekannten Anthropomorphismus-Concetto ausmalt, um damit seine Freiheit in der Gestaltung des Tambours der Petersbasilika zu begründen. Die zu Beginn vorgeschlagene neue Lesart der Abbreviatur „p“ als „perché“ im Brieftext läßt das rhetorisch geschickte Argumentieren Michelangelos noch deutlicher hervortreten.

 

1 Biblioteca Apostolica Vaticana, Codice Vaticano latino 3211, f. 97 r; Gaetano Milanesi: Le lettere di Michelangelo Buonarroti, pubblicate coi ricordi ed i contratti, Florenz 1875, Nr. 490, 554; Il Carteggio di Michelangelo. Edizione postuma di Giovanni Poggi, a cura di Paola Barocchi e Renzo Ristori, Bd. 5/5, Florenz 1983, Nr. 1266, V, 123 f. als eigenhändiger Entwurf; Die Briefe des Michelangelo Buonarroti. Übersetzt von Karl Frey (Berlin 1914). 3. Aufl. mit erweiterten Anmerkungen neu herausgegeben von Hans-Walter Frey, Berlin 1961, Nr. 157, 96 f. Auf der Rückseite Teile der Sonette "Di più cose s'acristan gli ochi mei" und "Non più per altro da me stesso togli".

2 Zuletzt so Poggi/Barocchi/Ristori (wie Anm. 1), Nr. 1266, V, 123, mit der Datierung "1557–1560?" wie schon Frey (wie Anm. 1), Nr. 157, 196.

3 E. H. Ramsden: The Letters of Michelangelo. Translated from the Original Tuscan, London 1963, Bd. 2/1, 291.

4 Weniger skrupulös und inkonsequent die Transkription bei Poggi/Barocchi/Ristori (wie Anm. 1), Nr. 1266, V, 123. Übersetzung siehe unten S. 2 f.

5 Milanesi (wie Anm. 1), Nr. 493, 558 liest hier "detto".

6 So z. B. auch Übersetzung Frey (wie Anm. 1), 97, Elizabeth Holt (Hg.): A Documentary History of Art, Bd. 2/2, New York 1963, 20, Ramsden (wie Anm. 3), Nr. 358, II, 291.

7 Übersetzung nach Frey (wie Anm. 1), Nr. 157, 96 f. mit wenigen Änderungen.

8 Eigene Übersetzung nach Buch III,1,1: "Namque non potest aedis ulla sine symmetria atque proportione rationem habere compositionis, nisi uti [ad] hominis bene figurati membrorum habere compositionis." Vgl. die lateinisch-französische Ausgabe von Pierre Gros, Paris 1990, 7; anders die Übersetzung Zehn Bücher über Architektur (De architectura libri decem), lateinisch-deutsch herausgegeben und erläutert von Curt Fensterbusch, Darmstadt (1964) 21987, 173.

9 Dazu Frank Zöllner: Vitruvs Proportionsfigur. Quellenkritische Studien zur Kunstliteratur im 15. und 16. Jahrhundert (Diss. Hamburg), Worms 1987 (Manuskripte zur Kunstwissenschaft, 14), und Marcus Frings: Mensch und Maß. Anthropomorphe Elemente in der Architekturtheorie des Quattrocento, Weimar 1998 (Phil. Diss. Darmstadt 1995).

10 Filarete: Trattato di architettura, herausgegeben von Anna Maria Finoli und Liliana Grassi, Bd. 1/2, Mailand 1972 (Trattati di Architettura, 2), 7 f., 11 u. ö., Francesco di Giorgio Martini: Architettura, ingegneria e arte militare 5: "Ed avendo le basiliche misura e forma del corpo umano …", Trattati di architettura, ingegneria e arte militare, herausgegeben von Corrado Maltese, Transkription von Livia Maltese Degrassi, Bd. 1/2, Mailand 1967 (Trattati di Architettura, 3), 45.

11 Vgl. Alberti: De re aedificatoria IX,5: aus der geraden Zahl folgt die Symmetrie im "Gerippe des Bauwerks", während "niemals Öffnungen gleicher Zahl" sind, da die Natur "den Le­bewesen zwar hier und dort Ohren, doch in der Mitte nur einen einzigen und weiten Mund gab", Zehn Bücher über die Baukunst. Ins Deutsche übertragen, eingeleitet und mit Anmerkungen und Zeichnungen versehen von Max Theuer, Wien, Leipzig 1912, 494 f., L'architettura (De re aedificatoria). Lateinisch-italienische Ausgabe von Giovanni Orlandi und Paolo Portoghesi, Mailand 1967 (Trattati di Architettura, 1), Bd. 1/2, 818 bzw. 819; zur Symmetrie ohne den Tiervergleich IX,7.

12 Gherardo Spini (1538 - nach 1570): I tre primi libri sopra l'instituzioni de'Greci et latini architettori intorno agl'ornamenti che convengono a tutte le fabbriche che l'architettura compone, herausgegeben von Cristina Acidini, in: Il disegno interrotto, trattati medicei d'architettura, her­ausgegeben von Franco Borsi, Cristina Acidini, Daniela Lam­berini u. a., Florenz 1980 (Documenti inediti di cultura toscana, vol. IV), Bd. 1/2, 31-201, hier I,3, 51.

13 Scritti d'arte del Cinquecento, herausgegeben von Paola Barocchi, 3 Bde., Mailand, Neapel 1971/73/77 (La letteratura italiana, storia e testi, vol. 32, t. 1-3), hier II, 3087 f.

14 Karl Tolnai: Beitraege zu den späten architektonischen Projekten Michelangelos I, in: Jahrbuch der preußischen Kunstsammlungen 51, 1930, 1-48, hier 47; Charles De Tolnay: Michelangelo. Sculptor – Painter – Architect, Princeton 1975, 167 f.

15 Valerio Mariani: Michelangelo, Neapel 1942, 243 f.

16 Id.: Poesia di Michelangelo, Rom 1941, 122; vgl. Paul Fréart Sieur de Chantelou: Journal du voyage du Cavalier Bernini en France, hg. von Ludovic Lalanne, Paris 1885, 1. Juli 1665, 42.

17 James S. Ackerman: The Architecture of Michelangelo, 2 Bde., London 1961, I, 2, Alessandro Parronchi: Opere giovanili di Michelangelo, Bd. 3/4 (bisher): Miscellanea Michelangiolesca, Florenz 1981, 248, Alessandro Nova: Michelangelo. Der Architekt (Michelangelo, architetto), übersetzt von Christel Galliani, Zürich 1984, 12, David Summers: Michelangelo and the Language of Art, Princeton 1981, 435.

18 Summers ibid.

19 Wolfgang Liebenwein: Kniende Fenster. Michelangelos Bei­trag zum Florentiner Palastbau, in: Almanach. Fachbereich Architektur der Technischen Hochschule Darmstadt 90/92, 1992, 126-38, hier 137, ähnlich 135.

20 Rötel, Feder mit brauner Tinte, 28,3 links/28,1 rechts x 21,4 cm, Florenz, Casa Buonarroti 10 A r, Anfang 1524 (Charles De Tolnay: Corpus dei disegni di Michelangelo, 4 Bde., Novara 1975/76/78/80, hier II, Nr. 201).

21 "Scotia" und "trochilos", De architectura 3,5,2-3, Fensterbusch (wie Anm. 8), 156.

22 Alberti, De re aedificatoria 6,1, Orlandi/Portoghesi (wie Anm. 11), I, 441.

23 Ackerman (wie Anm. 17), I, 104 möchte den Brief in diesen Kontext rücken. Ferner wird die Anrede und den kühlen Ton kaum ein Schreiben an den Landesherrn aufweisen, vgl. Michelangelos Brief vom 25. April 1560, Milanesi (wie Anm. 1), Nr. 489, 553, Poggi/Barocchi/Ristori (wie Anm. 1), Nr. 1331, V, 221 f., Übersetzung Frey (wie Anm. 1), Nr. 155, 194 f. Zur Kirche Markus Kersting: San Giovanni dei Fiorentini in Rom und die Zentralbauidee des Cinquecento, Worms 1994.

24 Architekturmodelle der Renaissance. Die Harmonie des Bauens von Alberti bis Michelangelo, herausgegeben von Bernd Evers, mit Beiträgen von Sandro Benedetti, Horst Bredekamp, Christoph Luitpold Frommel u. a., München, New York 1995, Nr. 126, 351-59, dazu Christof Thoenes: St. Peter 1534-1546. Sangallos Holzmodell und seine Vorstufen, ibid. 101-09, und Sandro Benedetti: Sangallos Modell für St. Peter, ibid. 110-15.

25 Erwähnt bei Giorgio Vasari: La vita di Michelangelo nelle redazioni del 1550 e del 1568, herausgegeben und kommentiert von Paola Barocchi, 5 Bde., Mailand, Neapel 1962, hier I, 83, dazu Karl Tolnai: Beiträge zu den späten architektonischen Projekten Michelangelos, in: Jahrbuch der Preußischen Kunstsammlungen 51, 1930, 1-48, hier 3. Das spätere Holzmodell taucht von Dezember 1546 bis September 1547 in den Rechnungsbüchern auf, Belege bei Karl Frey: Studien zu Michelagniolo Buonarroti und zur Kunst seiner Zeit, in: Jahrbuch der Königlich Preußischen Kunstsammlungen 30, 1909, Beih., 103-80, hier 171-74, id.: Zur Baugeschichte des St. Peter. Mitteilungen aus der Reverendissima Fabbrica di S. Pietro, ibid. 33, 1912, Beih. (1912), 1-153, hier 93 f., sowie Oskar Pollack: Ausgewählte Akten zur Geschichte der römischen Peterskirche (1535-1621), ibid. 36, 1915, Beih., 21-112, hier 52 f.

26 Architekturmodelle (wie Anm. 24), Nr. 133, 379-81 bzw. Nr. 135, 385-88.

27 Vasari (wie Anm. 25), I, 83; Die Lebensbeschreibungen der berühmten Architekten, Bildhauer und Maler. Deutsch herausgegeben von A. Gottschewski und G. Gronau, VII. Bd. Die italienischen Architekten und Bildhauer des 16. Jahrhunderts, 2. Halbbd., bearbeitet von Frida Schottmüller, übersetzt von Hiltgart Vielhaber und Frida Schottmüller, Straßburg 1927, 293-502, hier 384.

28 Brief an Bischof Bartolommeo (Ferratino) als einen der Vorsteher der Bauhütte laut Milanesi (wie Anm. 1), Nr. 474, 535 f., bzw. an Bartolommeo Ammanati laut Poggi/Barocchi/Ristori (wie Anm. 1), Nr. 1071, IV, 251 f., Frey (wie Anm. 1), Nr. 112, 148 f., Ramsden (wie Anm. 3), Nr. 274, II, 69 f.

29 Vita di Michelangelo (wie Anm. 25), I, 83.

30 Von Giovan Francesco Ughi, 14. Mai 1547; eine Kopie schickte Michelangelo an Bartolommeo (Ferratino) von der Bauverwaltung, um sich gegen die Verleumdungen zu wehren, Poggi/Barocchi/Ristori (wie Anm. 1), Nr. 1083, IV, 267 f., vgl. Vasari (wie Anm. 25), I, 83 f.

31 Beide Schriftstücke publiziert von Ernst Steinmann, Heinrich Pogatscher: Dokumente und Forschungen zu Michelangelo, in: Repertorium für Kunstwissenschaft 29, 1906, 387-424, hier Nr. I.4: das Motuproprio Pauls vom 11.10.1549 400-403, das Julius' vom 23.1.1552 403-407.

32 Milanesi (wie Anm. 1), 554.

33 Vita di Michelangelo (wie Anm. 25), I, 103 und 118.

34 Brief vom 13.9.1560, Milanesi (wie Anm. 1), Nr. 493, 558, Poggi/Barocchi/Ristori (wie Anm. 1), Nr. 1338, V, 230 f.: "Illustrisimo et reverendissimo signor et padron mio colen­dissimo" (230), Übersetzung Frey (wie Anm. 1), Nr. 156, 195 f., hier 195.

35 Brief an den Neffen Lionardo, 15. Juli 1559, Milanesi (wie Anm. 1), Nr. 314, 345, Poggi/Barocchi/Ristori (wie Anm. 1), Nr. 1299, V, 175 f., Übersetzung Frey (wie Anm. 1), Nr. 151, 190 f.

36 Dazu Léo Kosuta: L'Académie siénnoise: une académie oubliée du XVIe siècle, in: Bullettino senese di storia patria 1980, 123-57.

37 Dazu Margret Daly Davis: Zum Codex Coburgensis: Frühe Archäologie und "Humanistik" im Kreis des Marcello Cervini, in: Antikenzeichnung und Antikenstudium in Renaisance und Frühbarock. Akten des internationalen Symposions 8. - 10. September 1986 in Coburg, herausgegeben von Richard Harprath und Henning Wrede, Mainz 1989, 185-99, hier 185.

38 Vita di Marcello II. von dessen Halbbruder Alessandro Cervini, Florenz, Archivio di Stato, Carte Cerviniani, f. 52 r.

39 In der um den Traktattext erweiterten Ausgabe: M. Vitrvvii Pollionis De architectvra libri decem ad Caesarem Avgvstvm, ... Accesservnt Gulielmi Philandri Castilionii, ciuis Romani annotationes castigatiores, & plus tertia parte locupletiores, Lyon: Johannes Tornaesius 1552, 7.

40 Dazu Gustavo Giovannoni: Antonio da Sangallo il Giovane, Bd. 1/2 (in 1), Rom 1959, 303 f., und David Coffin: Pope Marcellus II and Architecture, in: Architectura 9, 1979, 11-29, hier 15 f.

41 Archivio della Reverenda Fabbrica di S. Pietro, II P., Serie Armadio, 180, f. 179 v - 180 r. Als "protettore" wird er für Januar 1553 genannt (ibid. 133, f. 6 r -7 v).

42 Über dieses Konsistorium informieren Vasari (wie Anm. 25), I, 92 f. und Condivi: Vita di Michelangelo Buonarroti, herausgegeben von Carl Frey, Berlin 1887, 59, 190. Daß Julius erst Monate später sein Motuproprio erließ, ist mit einem wohl gegen Ende 1551/Anfang 1552 lancierten Memoriale der Deputierten zu erklären, auf das Julius reagierte, Biblioteca Apostolica Vaticana, Codex Chigi H. II. 22, f. 7; publiziert von Karl Frey: Zur Baugeschichte von St. Peter. Mitteilungen aus der Reverendissima Fabbrica di S. Pietro, in: Jahrbuch der Königlich Preußischen Kunstsammlungen 31, 1910, Beih., 1-95, Nr. E.277, 92-94, Ramsden (wie Anm. 3), II, 310 f. diskutiert und datiert.

43 Vasari (wie Anm. 25), I, 96.

44 Ibid. I, 128.

45 So Ramsden (wie Anm. 3), II, 293, der noch enger den Dezember 1550 vor der Verhandlung annimmt.

46 Allerdings wird Cervini, dessen Titelkirche S. Croce in Gerusalemme war, von Condivi unter die Freunde des Meisters gezählt, Vita (wie Anm. 42) 54, 200, übernommen von Vasari (wie Anm. 25), I, 118, was als diplomatisch verstanden werden kann, Ramsden (wie Anm. 3), II, 293.

47 Filippo Bonanni SJ: Numismata summorum pontificum templi Vaticani fabricam indicantia, Rom 1696, 12, 79 zitiert aus den Acta sub Iulio III.

48 Ramsden (wie Anm. 3), 291 f.

49 Tiberio Alfarano: De basilicae Vaticanae antiquissima et nova structura, Biblioteca Apostolica Vaticana, Archivio Capitolare, G. 4, herausgegeben von D. Michele Cerrati, Vatikanstadt 1914 (Documenti e ricerche per la storia dell'antica basilica vaticana, 1; Studi e Testi, 26), I, 7, ferner 24 und 25 f. vergleicht die Gestalt der Peterskirche mit dem Kreuz Christi und Petri, weswegen das „heidnische“ griechische Kreuz zu einem lateinischen verlängert werden sollte.

50 Karl Frey: Zur Baugeschichte von St. Peter. Mitteilungen aus der Reverendissima Fabbrica di S. Pietro (III), in: Jahrbuch der Preußischen Kunstsammlungen 37, 1916, Beih., 22-136 wertet die Rechnungsbücher aus; 71, Nr. 616 A, 24.2.1552 wird ein Betrag für die Feier zur Vollendung von Tambourgesims und Sockel der darüber geplanten Säulen verbucht, ähnlich 71, Nr. 616 B, 26.2.1552. Diesen Zustand gibt die anonyme Zeichnung Uffizien A 4345 wieder.

51 Frey (wie Anm. 50), 87-91, Nr. 669.1-18 die Belege für die Tambourdekoration, hier 87 f., Nr. 669.1-3; ein weiterer folgt am 4. Mai (88, Nr. 669.4), ein anderer ist undatiert (88, Nr. 669.5); meist mit der Zweckbestimmung "pro usu pilastrorum intus cupolam“ (89, Nr. 669.7, 89).

52 Ibid. 88-91, Nr. 669.6-18; der Preis beträgt überwiegend 50 Dukaten.

53 Ibid. 91-96, Nr. 670.1-22, sie kosten zwischen 300 und 350 Dukaten.

54 Wie zwei anonyme Zeichnungen im Anhang zum Skizzenbuch I des Maerten van Heemskerck im Berliner Kupferstichkabinett zeigen, Inv. Nr. 79 D 2 a, f. 60 r und v.

55 Vita di Michelangelo (wie Anm. 25), I, 103.

56 Milanesi (wie Anm. 1), Nr. 473, 534, Poggi/Barocchi/Ristori (wie Anm. 1), Nr. 1197, V, 21 f., Übersetzung Frey (wie Anm. 1), Nr. 132, 169 f.

57 11. Mai 1555, Milanesi (wie Anm. 1), Nr. 475, 537, Poggi/Barocchi/Ristori (wie Anm. 1), Nr. 1205, V, 30, Übersetzung Frey (wie Anm. 1), Nr. 133, 170.

58 Brief vom 22. Juni 1555, Milanesi (wie Anm. 1), Nr. 476, 538, Poggi/Barocchi/Ristori (wie Anm. 1), Nr. 1209, V, 35 f., Übersetzung Frey (wie Anm. 1), Nr. 134, 171.

59 Vier Gespräche über die Malerei geführt zu Rom 1538 (Quatro dialogos da Pintura Antigua), herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Joaquim De Vasconcellos, Wien 1899 (Quellenschriften für Kunstgeschichte und Kunsttechnik des Mittelalters und der Neuzeit, N. F., 9). Dazu Rafael Moreira: Novos dados sobre Francisco de Holanda, in: Sintria 1, 1982-83 (1988), 619-92.

60 Horaz: De arte poetica/Ad Pisones, übersetzt und zusammen mit Hans Färber bearbeitet von Wilhelm Schöne, in: Sämtliche Werke, lateinisch und deutsch, München 1960, 230-59, hier 230, Z. 9 f.: „pictoribus atq[ue] poetis quidlibet audendi semper fuit aequa potestas.“

61 Guglielmi Philandri Castilioni Galli Civis Ro. in Decem Libros M. Vitruvii Pollionis De Architectura Annotationes, Rom: Io. Andrea Dossena Thaurinensis 1544, VII,5, 228, Edi­tion 1552 (wie Anm. 39), 280, Edition 1586, 277.

62 Vier Gespräche (wie Anm. 59), 103 bzw. 105; dazu Summers (wie Anm. 18), 134-37. Schon Varchi verwendet dann in seinen Due lezzioni III, Florenz: Lorenzo Torrentino 1549, neu in: Trattati d'arte del Cinquecento, herausgegeben von Paola Barocchi, Bd. 1/3, Bari 1960, 3-58, hier 54 diese Zeilen im Sinne Michelangelos.

63 VII,5, Übersetzung Fensterbusch (wie Anm. 8), 333-37, zitiert VII,5,3, 333.

64 Milanesi (wie Anm. 1), Nr. 462, 522 f., datiert 1549; April-Juni 1547 datieren Poggi/Barocchi/Ristori (wie Anm. 1), Nr. 1082, V, 265 und Übersetzung Frey (wie Anm. 1), Nr. 116, 152-154, Summers (wie Anm. 17), 269 u. 418 hingegen in das Jahr 1548. Vgl. Due lezzioni di M. Benedetto Varchi (wie Anm. 62).